Um zirka 3:30 war Schluss mit meinem Schlaf. Magische Kräfte werfen den Körper im Bett hin und her. Gleichzeitig verarbschieden sich die Dinge auf den Tischen der Schwerkraft gehorchend Richtung unten. Ich war mir längst nicht mehr sicher, ob unten da ist, wo der Teppich ist.
Um 4:30 denke ich nicht mehr an durchgehenden Schlaf.
Um 5:30 schrecke ich hoch. Ein Glas hat seinen Weg gefunden und zerscheppert am Boden. Ich versuche aufzustehen, um einige noch nicht gefallenen Dinge zu retten. Die Flasche Wiskey liegt noch auf dem Tisch, das Notebook dank Gummifüssen stabil daneben. Aber man muss das Glück ja nicht herausfordern.
5:35. Gut. Stehen ist nicht so leicht. Viel schlimmer: Der Magen meldet sich gewaltig. Also eine Tablette gegen Seekrankheit. Dazu esse ich eine Banane. Schlimmer Fehler, eine Viertelstunde später ist die eine Hälfte im Klo. 30 Minuten später folgt ihr der Rest.
Noch eine Tablette gegen Seekrankheit. Und zurück ins Bett. Da ist es angenehm.
7:30 Frühstück. Pfannkuchen. Ich mache mich nicht einmal auf den Weg, es wäre sehr verwegen.
12:00 Mittag. Um 12:25 bin ich in der Lage, die Combüse aufzusuchen. Kaptain und Chief essen ungerührt. Ich reduziere mein Essen auf einen Teller Reis. Genauer gesagt: eine einzige Gabel. Und mal gucken, wie die Wirkung ist.
Sie ist. Ich muss aufspringen, raus auf den Gang. Meine gute Vorbereitung zahlt sich aus: aus der Hosentasche ziehe ich eine Mülltüte und fülle sie mit Reis.
Zurück ins Bett, eine Seekrankheitstablette nachgelegt und schlafen.
14:00 ich fühle mich so gut, dass ich auf die Brücke kann. Kamera umgeschnallt, GPS in die Tasche und los. Für die Plage ein paar Fotos geschossen.
Gesagt getan, Foto ist nach vorne raus, gleich links wäre der erste Kran. Zwischen den Bildern in der Montage liegen zirka 6 Sekunden. Und die Wellen sehen auf Fotos hochfriedlich und harmlos aus.
Der Kapitän meint, dass das so zirka 6 Meter Wellenhöhen sind. Und immer ungefähr an dieser Stelle. Später, bei den Hochdruckgebieten um die Azoren, da liegt dann alles flach. Das erreichen wir morgen gegen siebzehnhundert.
16:00 Der Steward taucht auf und will die Kabine reinigen. Ich mache mich daran diesen Text zu tippen. Das ist mit etwas Übung ganz einfach: Mit den Handballen das Notebook auf den Tisch drücken, damit es nicht verrutscht. Und man kann wunderbar tippen. Einziger Nachteil: im Sitzen wird mir wieder schlecht. Und als ob mein unsichtbarer Gegner es merken würde, dreht er mit den Wellen wieder auf.
Die Wellen. Schlimm ist, dass sie schräg von steuerbord kommen. Also das Schiff irgendwie seitlich treffen, die Hopser sind dadurch seltsam unberechenbar. Und irgendwie taucht der Bug immer aus dem Wellenberg auf und klatscht dann zurück. Ungut.
23:50 Lange im Bett gelegen. Den ganzen Tag nix gegessen. Mal gucken, wie der Körper auf eine Dose Canada Dry und KnikKnak reagiert. 40 Minuten später, dauerhaft aufrecht gesessen. Essen noch drinne, kein Unwohlsein. Ist es überstanden?
8:05 nächster Morgen. Der Zustand der See hat sich gelegt und meiner gebessert. In die Combüse, mit einem Quarkbrot den Körper getestet. Zustandsmeldung: Mehr davon. Also gibt es englisches Frühstück, wie Achim es bezeichnet: Rührei mit Schinkenspeck. Zwei Tassen Kaffee, alles bleibt drinne.
Na also.
Kapitän frotzelt, dass ich doch Action hätte haben wollen. “But not the first day, Sir. And please, next time announce it before it starts.” “On the way back. Same place. Same sea.”
47° 51,476’ N 8° 4,690’ W (31ft)