Landgang in Rotterdam? Schwierig, weil Rotterdam ist komisch. Das beginnt damit, dass es keinen Shuttleservice auf dem Hafengelände gibt (, den bisher alle Häfen irgendwie hatten). Soll heissen, man zahlt auch noch das Taxi bis zum Schiff, wenn es, wie die Ems Trader, in der hintersten Ecke liegt. (Was doppelt fies ist, denn man sieht vom Schiff aus einen Zaun und dahinter ein Dorf. Und da könnte man hinlaufen. Ist aber unendlich weit weg.) Und die Geschichten gehen, dass eine Tour zur Innenstadt mit dem Taxi um 20 Euro kosten soll. Mithin 40 Euro für Innenstadtangucken.
Das Seefahrerheim soll schön sein und die holen einen sogar kostenlos ab. Einige Crewmember wollten das Abholen als Innenstadtshuttle nutzen. Problem: es ist wieder viel Planung nötig und wird (weil Crew ist ein Hühnerhaufen) voll chaotisch.
Alternativer Plan: einen der vielen Autofahrer, die unser Schiff besuchen, anquatschen und sehen, wie weit ich komme. Zumindest bis zum Gate hat es dann geklappt. Von dort bis nach Rotterdam Lepelaarsgl gelaufen. Ist weit. Vom Schiff weg. Zu Fuß. Für Holgi.
Ich stehe also an der Gangway und warte, bis einer der Leute von Bord geht. Die Entertainmentabteilung läuft zur Hochform auf. Denn vor der Gangway steht ein Transporter (nein, er will mich nicht mitnehmen) aus dem heraus ein Mann nebst philipinischer Frau Waren an die Schiffsbesatzung verkaufen. Der Zwote Maschinist kommt angedackelt, geht von Bord und kommt nach einer Weile mit den Waren wieder. Der Transporter fährt weg. In dem Moment rennen der Chief Mate, Elektriker und ein Crewmitglied zur Gangway. Transporter weg. Der arme Zwote bekommt, bevor er überhaupt versteht, was er falsch gemacht hat, einen riesen Berg verbale Prügel.
Ich weiß heute, was falsch lief. Der Chief Mate hat der Gangwaywache erzählt, sie soll mir bescheid sagen, zu warten. Nein, dass hat die Gangwaywache wohl schon falsch verstanden. Sie sollte entweder mir sagen, ich soll dem fahrbaren Laden sagen, zu warten. Oder die Gangwaywache sollte es dem Zwoten erzählen. Hühnerhaufen eben. Der arme Zwote.
Innenstadt ebenso malerisch wie, ähm, (für mich) uninteressant.
Daher wieder den Weg zurück. Fühlte mich mittlerweile wie bei Hannibal über die Alpen und ich in der Rolle des Elefanten. Die Spätfolgen werde ich noch die nächsten Tage mit mir rumtragen.
Am Gate kein Shuttle. Wertvoller Tipp des Sicherheitstypen am Tor: Taxi rufen. Wohin ich denn wolle? Ems Trader? Das ist doch nicht weit, nur da durch, dann geradeaus, dann da quer.
Na gut, denke ich mir, mir kam das zwar mehr vor, aber vielleicht gibt es als Fußgänger andere Wege. Also wandert Holgi durch Containergassen, vertrauenserweckende Ampelanlagen (“Sturmwarnung! Wenn das Licht blinkt ist der Bereich gesperrt.” Weil die Container 6 Ebenen hoch gestapelt sind und möglicherweise auch noch leer…) und rumfahrende Monstergabelstapler. Ems Trader? Neee neee. Also mal einen Rumstehenden gefragt. Ems Trader? (es folgt viel Funkverkehr), neee, das ist da (armwedeln Richtung ganz entfernt).
Also zum Gate zurück. Sicherheitstyp erzählt, dass das mit der Ems Trader doch nicht so einfach ist. Ems Trader, sagt er, ich dachte Ems Cargo (oder so, keine Ahnung, klang sehr ähnlich). Er entschuldigt sich für sein Missgeschick, hat eine Idee und ich habe mein “Taxi”. Er fährt mit seinem Wägelchen eine Kontrollrunde und ich kontrolliere mit. Und wenn er die Ems Trader kontrolliert steige ich aus. Danke!
Ach ja, Sicherheit. In Rotterdam scheint das alles egal zu sein. Der Typ im Häuschen interessierte sich nicht die Bohne für Ausweise und Zugangsberechtigungen. Da ist Hamburg völlig anders, voriges Anmeldungen via Kapitän und Ausweis sind Pflicht.
51° 52,873’ N 4° 23,755’ E (65ft)