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Buenaventura Auslaufen (2007-06-20 9:17)
Woche 6 
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Tatsächlich, um 6 Uhr geht es mit dem Auslaufen los. Ein Schlepper hilft uns beim Drehen, dann spielt der Lotse noch mal etwas mit dem Nebelhorn und es geht los.

Zurück bleibt ein im Regen und morgendlichen Dunst liegendes Buenaventura. An der Uferpromenade das schöne weiße Hotel, davor waren massive Wachen (Doppelposten, insgesamt vier Mann incl. Kofferraum- und Taschenkontrolle).

Der Leuchtturm steht schon im Touristenneppviertel. Ziemlich abgerissen, es gibt columbianischen Rum in hübschen Flaschen. Nur dort, wahrscheinlich ist dieses Nationalgetränk extra für die Touris erfunden worden.

Die Berge liegen noch tiefer in den Wolken als auf der Hinfahrt. Keine attraktiven Motive.

Muss der Koch herhalten. Das erste Mal, dass ich ihn bei einer Abfahrt draussen auf der Treppe entdecke. Buenaventura hat einen nachhaltigen Eindruck bei ihm hinterlassen, der tiefere Eindruck dürfte in seiner Leber sein. Jedenfalls war er gestern morgen noch sehr lustig, was sich gegen Abend in deutliche Erschöpfung veränderte. Heute ist zum ersten Mal die Speisetafel nicht geschrieben, in Kreide steht nur Breakfast, Lunch und Dinner an ihr. Ob er zwei Tage hintereinander unterwegs war?

3° 49,411’ N 77° 26,963’ W (72ft)

 
Buenaventura Laden und Prognosen fürs Auslaufen (2007-06-19 17:33)
Woche 6 
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So. Auf der Hinfahrt lagen wir in Buenaventura gerade mal so um 12 Stunden (eine Tide).

Jetzt, auf dem Rückweg liegen wir bereits über 24 Stunden im Hafen. Und in der Zeit überschlagen sich die Pläne.

Erst sollten wir nur bis 18 Uhr liegen (Hochwasser) und dann auslaufen. Dann sollten wir nur bis 18 Uhr liegen und später im Hafen auf einen Ankerplatz verholen. Und nun scheint es so zu sein, dass wir morgen früh um 6 Uhr (wieder Hochwasser) auslaufen sollen.

Soviel zum Thema “Wir haben einen Plan.”

Mir egal, ich gucke mal beim Laden zu. Das ist hier echte columbanische Handarbeit. Mit zwei vom Zoll, die auch eine kleine Maschinenpistole (?) im Hosenholster rumtragen. Und tatsächlich wird auch ein Container geöffnet.

Man munkelt, dass die Ems Trader ein “bekannter” Drogentransporter wäre. Daher wurde einer der Kühlcontainer (-20° C! Was auch immer in den Dingern drinne ist, die sind bis ans Gewichtslimit voll.) einer vorsichtigen Kontrolle unterzogen: Tür auf, Nase mal reinstecken, vorsichtig an einem Karton gezuppelt, Nase mal in die andere Richtung reinstecken und Tür schnell wieder zu.

Gestern abend sind alle Hafenarbeiter, der Seucheninspektor und alles andere intensivst kontrolliert worden. Nicht so eine Luschennummer wie wir bisher hatten (Tasche auf und von oben reingucken) sondern richtig mit Abtasten von oben bis unten. Selbst das Girlie, was Arme wedelnd an Bord kraxelte, wurde vom Zolltyp abgetastet.

Und jetzt mal raten, wie ich untersucht worden bin, als ich vom Landgang wieder kam? Richtig. Gar nicht. Von Zoll weit und breit nichts zu sehen. Warum? Weil Mittag war. Gab Essen. (Nehme ich mal an.) Auch am Hafentor war die Kontrolle nicht vorhanden, dem Mann dort war nur wichtig, dass wir aus seinem großen Buch wieder ausgetragen werden.

Ansonsten Security an Bord, an allen vier Ecken und mitten drinne schläft steht jeweils einer. Auch ungewöhnlich.

Ladetätigkeit ist langsam. Einer unserer drei Kräne läd einem um den anderen 20-Fuß-Container auf. Der Vorarbeiter muss einzelne Leute immer wieder zusammenstauchen, eigenständiges Mitdenken scheint keine Kernkompetenz.

Der Ablauf im Einzelnen:

  • Laster mit Container kommt an
  • Gabelstapler hebt Container an und stellt ihn auf die Erde
  • Kran senkt Traverse auf den Container
  • anderer Gabelstapler hebt zwei Leute auf den Container
  • die zwei Leute verriegeln die Traverse
  • Gabelstapler nimmt die zwei Leute wieder auf
  • Kran hebt Container ca. 1 Meter hoch
  • selbige zwei Leute stecken jeweils zwei Twistlocks in die Containerstandflächen
  • Kran hebt Container an seinen Platz, Twistlocks verriegeln
  • bei äusseren Containern der unteren beiden Lagen wird noch gelascht (?)

Der gesamte Vorgang ist sequentiell, parallels Abarbeiten kam an dem Nachmittag nicht vor. Prozessoren wären genügend vorhanden, scheinbar sind die aber aufgabenspezifisch entworfen worden. Ähm, ich gleite ab… Also nochmal.

Der gesamte Vorgang läuft hintereinander weg ab. Solange die einen was tun haben die anderen Pause. Leute sind genügend da, aber scheinbar sind sie jeweils nur für eine Arbeit angelernt worden.

Gelernt habe ich “no comprende”. Heisst so viel wie “ich verstehe dich nicht, ich spreche nur Spanisch und English ist mit unbekannt.” Sagte das Security-Mädel vorne rechts auf dem Schiff. Kann also auch “Gehe weg mit deiner Kamera, du Blödmann” heissen. Dagegen spricht, dass wir noch weitere Kommunikationsversuche gemacht haben. Ach je. Nicht mal “Tach” klappt.

Die Dame auf dem Kai sagte gar nichts, kam aber langsam näher, rückte an die Kamera heran und lachte dann tatsächlich.

Später noch ein Foto ihres Büros, wobei mich der Vorarbeiter erwischte. Schnell die kompatible Sprache gesucht, es geschehen noch Wunder.

“A photo from her costs 20 Dollars!” sagt er.

“No problem, I pay 40 Dollars!” sage ich und er lacht sich weg. Und will auch fotografiert werden. Fröhlicher Mensch, auch wenn er am Schimpfen ist.

3° 53,626’ N 77° 4,476’ W (67ft)

 
Buenaventura Stadtrundfahrt (2007-06-19 13:10)
Woche 6 
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Die Stadtrundfahrt verlief ganz ähnlich wie die in Lima. Gemeinsam durch den Zoll, danach trennt sich die Gruppe. Bram und ich entern ein Taxi, um uns für 20 Dollar zwei Stunden lang durch Buenaventura kutschieren zu lassen.

Die Stadt ist, nunja, ähm, wie schreibe ich es freundlich, ein ganz kleines bischen heruntergekommen. Zu Anfang hatte ich den Gedanken, dass es vielleicht nur die Hafengegend ist. Zur Innenstadt hin wurde es auch etwas besser, es gab tatsächlich einige hübsche Stellen. Aber als wir in die Aussenbezirke kamen wurde es nur noch schäbig und schäbiger. Fast alles ist vergittert oder schnell vergitterbar. Läden bestehen aus Kisten und Wägelchen.

Sextechnisch kann ich die Mannschaft verstehen. Für das nicht angepasste europäische Auge ist die Konzentration auf andere Dinge doch arg gestört. Andererseits: bei der Hitze schwitzt die Stadt im Stehen. Bloss nicht an Bewegungen denken.

Sehenswürdigkeiten? Siehe Absatz vorher. Ansonsten fand ich nichts, was eine Reise wert wäre. Es sei denn, man möchte Slums besichtigen.

Wie auch in den letzten südamerikanischen Städten gibt es in Buenaventura eine hohe Dichte Soldaten/Polizei/Security/wasauchimmer. Üblicherweise waren sie vorher mit schusssicherer Weste, Pistole und Schlagstock ausgerüstet. Die in Buenaventura haben Maschinenpistolen und größere Kaliber an Gewehren umgehängt. Ergibt bei mir gemischte Gefühle. Und gelegentliche Hinweisschilder über den Straßenverlauf nach Cali und das Lenken unseres Taxifahrers auf eben diese Straße geben mir Weichei dann den emotionalen Rest… Natürlich kommt nach der nächsten Kurve auch noch eine Straßensperre, mehr Soldaten, rausgewunkene Wagen.

Vorhin fahren wir so auf unsere Stadtrunde, plötzlich hält der Fahrer an und bedeutet uns, die Fenster zu schliessen. Er dreht seins auch hoch, die Kiste ist dicht. Trotz inkompatibler Sprachmodule ist schnell klar, dass wir nun durch eine Ecke fahren, in der auch schon mal öfter ins Auto gegriffen wird…

Ich glaube, die Stadt ist für nächtliche Fotoausflüge gänzlich ungeeignet. Mit leeren Taschen mag es aber gehen.

Über den Strassenverkehr gelernt: Fast jeden Tag gibt es in der großen Stadt einen Verlierer. Und dass ist der, der freiwillig rückwärts fährt. Die Stelle ist zu eng für zwei? Und man steht schon fast ineinander verkeilt aneinander? Noch lange kein Grund, ein Stück rückwärts zu fahren. Einfach stehen bleiben, hupen, es wird schon. Irgendwie wird der andere einen Weg finden, die Reifen auf den Fußweg, doch in das tiefe Schlagloch (da können ganze Kinderwagen drinne versinken, darum gibt es hier auch keine) oder auf den Schlammabhangrand. Nur der Verlierer des Tages würde hier den Rückwärtsgang einlegen. Keiner will das sein. Ein Jahr hat 365 Tage, aber nicht 365 neue Verlierer.

Die Fotos in der Galerie sind fast alle aus dem fahrend Taxi gemacht. Als Ausrede mag dienen, dass es klein war. Das Taxi. Und beschwerlich, aus- und ein- zu steigen. Und im Auto viel sicherer. Und der Fahrwind wg. der schwülen Luft. Und sowieso ist Fotografieren im Sitzen mal was anderes. Und es hat was fürchterlich dekadent Westliches, sich aus dem Fenster des fahrenden Autos zu hängen und mit einer fetten Kamera im Gegenwert eines vollständigen Lebensverdienst der Geknipsten die Fotos zu schiessen.

3° 53,626’ N 77° 4,476’ W (67ft)

 


 
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